Aktuelles

BGH: ältere Widerrufsbelehrungen der Sparkassen häufig irreführend

Nachdem am 30.09.2016 endlich die Begründung zum BGH-Urteil vom 12.07.2016 (Az.: XI ZR 564/15) veröffentlicht wurde, wonach die Widerrufsbelehrungen der Hamburger Sparkasse (und zahlreicher anderer Sparkassen) aus den Jahren 2005 – 2009 falsch sind und die Kunden daher auch noch Jahre später einen Widerruf erklären konnten, um die Darlehensverträge mit langfristiger Bindung an einen hohen Zins zu beenden, weisen JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte darauf hin, dass Verbraucher, die ihre Darlehensverträge widerrufen hatten, aber nicht weiter tätig geworden sind, sich noch einmal über ihre Chancen und Ansprüche informieren sollten. Ein entsprechender Widerruf musste für die Altverträge bei Immobiliardarlehen aufgrund einer Gesetzesänderung spätestens bis zum 21.06.2016 erklärt werden.

In den Belehrungen wurde zum Zeitpunkt des Fristbeginns das Wort „frühestens“ verwendet, welches nach Beurteilung durch den BGH verwirrend und unklar ist. Die Sparkassen hatten sich in den letzten Jahren jedoch immer darauf berufen, dass ihre Belehrung dem gesetzlichen Muster entspräche und daher nicht als falsch beurteilt werden könne. Dem hat der Bundesgerichtshof eine klare Absage erteilt:

Die von der Hamburger Sparkasse häufig verwendete Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ist nach Ansicht des BGH sowohl eine erhebliche Abweichung als auch irreführend.  Für eine Abweichung vom Muster ist auch ausreichend, wenn die Bank oder Sparkasse statt einer ladungsfähigen Anschrift nur ein Postfach genannt hat. Auch die sehr häufig vorkommende Abweichung vom Muster unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ wurde vom BGH als erheblich bewertet. In allen diesen Fällen kann sich eine Bank oder Sparkasse nicht auf den Musterschutz berufen.

Darüber hinaus hat der BGH der Argumentation der Banken und Sparkassen, wonach ein Widerrufsrecht nach längerer Zeit der Vertragserfüllung verwirkt oder rechtsmissbräuchlich sei, eine deutliche Absage erteilt. Grundsätzlich hat ein Verbraucher bei einer fehlerhaften Belehrung nach Ansicht des BGH auch Jahre später ein Widerrufsrecht. Seine Motive sind unerheblich. Nur wenn besondere Umstände dazukommen, könne im Einzelfall eventuell eine Verwirkung oder Rechtsmissbrauch vorliegen.

 

Alle Darlehensnehmer, die bereits einen Widerruf ihrer Verträge erklärt haben und ihre Rechte bisher noch nicht durchgesetzt haben, sollten aufgrund der jetzt vorliegenden Entscheidung des BGH die Auseinandersetzung wieder aufnehmen. Zu achten ist insbesondere auf folgende Formulierungen:

  • „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“
  • Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ / Fußnote „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“