Die Hamburger Volksbank eG wurde vom Landgericht Hamburg, Urteil vom 06.07.2023, Az. 302 O 24/23, verurteilt, einem Verbraucher eine Vorfälligkeitsentschädigung von 91.435 Euro zurückzuzahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Volksbank muss Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen

Begründet hat das Landgericht Hamburg dies mit einem Formfehler im Darlehensvertrag bei den Informationen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Wird die Berechnungsweise im Darlehensvertrag fehlerhaft oder irreführend dargestellt, darf eine Bank oder Sparkasse keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen können zurückgefordert werden.

Welche Kreditinstitute betroffen sind

Betroffen sind von diesem Fehler vermutlich zahlreiche Immobiliardarlehensverträge der Hamburger Volksbank eG und auch anderer Banken und Sparkassen seit dem 21.03.2016. Die Vorfälligkeitsentschädigung kann in derartigen Fällen zurückverlangt werden.

Was passiert war

Der Verbraucher hatte in dem vom Landgericht zu entscheidenden Fall im Jahr 2017 das Darlehen aufgenommen. Während der Corona-Pandemie hatte er Schwierigkeiten, seine Raten zu zahlen. Daraufhin kündigte die Hamburger Volksbank eG dem Verbraucher die Grundschuld, die dem Verbraucher durch den Gerichtsvollzieher zugestellt wurde. Dadurch sah sich der Verbraucher von der Hamburger Volksbank eG unter Druck gesetzt, seine Immobilie zu verkaufen. Mit der Rückzahlung des Darlehens verlangte die Hamburger Volksbank eine Vorfälligkeitsentschädigung von ca. 96.844 Euro. Eingeklagt wurde ein etwas geringerer Betrag, da einige Raten am Ende nicht gezahlt wurden.

Grundsatzfragen zur Vorfälligkeitsentschädigung noch offen

Fachanwalt Dr. Achim Tiffe von JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte ist darüber hinaus der Ansicht, dass für Immobiliardarlehensverträge, die seit dem 21.03.2016 abgeschlossen wurden, die Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich nicht mehr nach dem so genannten Aktiv-Passiv-Vergleich verlangt werden kann. Auch geht Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe davon aus, dass mit einer Kündigung der Grundschuld eine Bank grundsätzlich ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verliert. Das Landgericht ist auf diese Rechtsfragen nicht näher eingegangen, weil ihm schon der Formfehler im Darlehensvertrag genügte.

Was Verbraucher tun können

Verbraucher, die eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, sollten ihre Darlehensverträge und die Berechtigung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung rechtlich überprüfen lassen und gegebenenfalls diese von der Bank zurückfordern. Eine erste Prüfung kann eine Verbraucherzentrale vornehmen oder ein Rechtsanwalt.

Sparkassen haben in der Vergangenheit Sparverträge oft nicht korrekt angepasst

Viele Verbraucher haben in den 90er Jahren gut verzinste Sparverträge abgeschlossen, die ihnen die Sparkassen für ihre Altersvorsorge empfohlen haben. Nun versuchen sich die Sparkassen von den Sparverträgen zu trennen. Teilweise kündigen die Sparkassen die Sparverträge auch, oft zum Ärgernis ihrer treuen Kunden.

Verbraucher haben in der Regel zwei Fragen: Ist die Kündigung zulässig und wurden die Zinsen korrekt angepasst? Beides hat der Bundesgerichtshof entschieden. Eine Kündigung ist nach Ablauf der vorgesehenen Sparphase bzw. dem Erreichen der letzten Prämienstufe zulässig, wenn es keine ausdrücklich längere Vertragslaufzeit gibt. Die Zinsen müssen dabei von Anfang an korrekt angepasst werden. Es gilt der Grundsatz: „Ein guter Zinssatz muss ein guter Zinssatz bleiben.“

Werden falsche Kriterien für die Zinsanpassung verwendet oder erfolgte die Zinsanpassung oft willkürlich, kann zu hohen Differenzen des angesparten Betrages führen.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kam bei einer Stichprobe im Jahr 2019 zum Ergebnis, dass durchschnittlich 2.092 Euro zu wenig an Zinsen ausgewiesen wurden. In Einzelfällen kann es um deutlich höhere Beträge geben, wie das folgende Beispiel zeigt.

Kundin ließ Sparverträge nachrechnen

Die Kanzlei JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte vertritt eine Verbraucherin gegenüber der Nord-Ostsee Sparkasse. Die Verbraucherin hatte sich an eine Verbraucherzentrale gewendet. Diese rechnete die Sparverträge nach und kam bei einer korrekten Zinsanpassung der zwei Sparverträge aus den 90er Jahren zu einem ca. 16.500 Euro höheren Gesamtbetrag.

Nach Auffassung der eingeschalteten Verbraucherzentrale hat die Nord-Ostsee Sparkasse und ihre Vorgängerin die Zinsanpassung nicht korrekt vorgenommen. Die Nord-Ostsee Sparkasse hatte danach die Verbraucherin über Jahre hinweg bei der Zinsanpassung zu Unrecht benachteiligt.

Kein Schuldbewusstsein bei der Nord-Ostsee Sparkasse

Mit der Abrechnung der Verbraucherzentrale konfrontiert passte die Nord-Ostsee Sparkasse nicht die Zinsen an, sondern kündigte stattdessen die beiden Sparverträge zum 29. Juli 2020. Die Berechnung der Verbraucherzentrale wies die Nord-Ostsee Sparkasse zurück und beruft sich nun auch auf Verjährung.

Als fehlerhaft sieht Dr. Achim Tiffe, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, schon den von der Nord-Ostsee Sparkasse zugrunde gelegten Mischzins an, mit dem die Nord-Ostsee-Sparkasse eine Nachberechnung durchgeführt hatte, um ihre Zinsanpassung zu rechtfertigen. Denn ein derartiger Mischzins ist für Bankkunden in der Regel nicht nachvollziehbar und intransparent. Auch verjähren nach Ansicht von Rechtsanwalt Tiffe nicht die Zinsansprüche und müssen vielmehr einem laufenden Sparvertrag gutgeschrieben werden.

Schließlich kann sich eine Sparkasse oder Bank nicht einfach einen Zinssatz im Nachhinein „ausdenken“, so Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe. Entweder ist ein Referenzzinssatz vertraglich eindeutig vereinbart worden, der dem Transparenzgebot genügt, oder die Zinsanpassung hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu erfolgen. Mit allen anderen Versuchen, die Zinsanpassung im Nachhinein als korrekt zu erklären, wird eine Sparkasse Probleme haben, vermutet Fachanwalt Dr. Achim Tiffe. Insbesondere kann eine Sparkasse den Abstand zum Referenzzinssatz nicht zu Ihren Gunsten einseitig verändern.

Auch Sparkassen im Norden sind betroffen

Wie der Fall zeigt, sind fehlerhafte Zinsanpassungen von Prämiensparverträgen und Kündigungen nicht nur im Süden und dem Osten Deutschlands verbreitet, sondern auch Verbraucher auch im norddeutschen Raum betroffen.

Um welche Sparverträge es geht

Alle Sparverträge mit einem variablen Zins sind betroffen, insbesondere Sparverträge aus den 90er Jahren und früher, bei denen kein Referenzzinssatz angegeben wurde, sondern es im Vertrag bzw. der Sparurkunde nur  „variabler Zins … %“ oder „Zins zurzeit …%“ heißt. Hier haben die Sparkassen und Banken die Zinsen oft angepasst, wie sie gerade wollten, meistens zum Nachteil der Sparer. Das aber ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zulässig. Es gibt vielmehr klare Kriterien für die Zinsanpassung.

Betroffen sind einfache Sparverträge und Prämiensparverträge. Typisch für Prämiensparverträge ist, dass neben einem variablen Zins auch Prämien vereinbart wurden, die von Jahr zu Jahr stiegen, oft auf bis zu 50 % im 15. Sparjahr. Die Prämien werden oft auf die in dem jeweiligen Jahr geleisteten Sparbeiträge gezahlt.

Was Verbraucher tun können

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sieht Fachanwalt Dr. Achim Tiffe gute Chancen für Verbraucher eine korrekte Zinsanpassung durchzusetzen.

Hinterfragen Sie als Verbraucher die Zinsanpassung. Lassen Sie sich die Zinsanpassung anhand des Sparvertrages von der Sparkasse bzw. der Bank erklären. Die Sparkasse oder Bank soll Ihnen dabei offenlegen, welchen Referenzzinssatz sie verwendet hat. Steht im Sparvertrag nur „variabler Zins … %“ oder „Zins zurzeit …%“, so muss die Sparkasse die Zinsanpassung an einem Referenzzinssatz vornehmen, der dem konkreten Sparvertrag und seiner ausgelegten Laufzeit möglichst nahe kommt. JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte hält Mischzinssätez für eine Zinsanpassung grundsätzlich für ungeeignet. Sie dienen nach ihrer Ansicht oft nur dazu, die Sparkasse einseitig zu begünstigen und den Kunden zu übervorteilen.

Nachberechnung ist sinnvoll

Bleiben Zweifel, dass der richtige Referenzzinssatz verwendet wurde oder lässt sich die Zinsanpassung nicht selbst mit einfachen rechnerischen Schritten nachvollziehen, so sollten Sie die Zinsanpassung überprüfen. Verbraucherzentralen und Kreditsachverständige haben entsprechende Erfahrung. Die Verbraucherzentrale Sachsen zum Beispiel rechnet Sparverträge für Verbraucher nach.

Fachanwalt Dr. Achim Tiffe vermutet, dass die Zinsen der meisten Sparverträge aus den 90er Jahren und früher, die Kunden zum Aufbau einer Altersvorsorge regelmäßig besparen, nicht korrekt angepasst wurden.

Die Kanzlei JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte berät bundesweit Unternehmer und Verbraucher gegenüber Banken und Versicherungen.

Wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs am 26.03.2020:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass voraussichtlich Darlehensverträge, die seit dem 11. Juni 2010 bis zum 20. März 2016 abgeschlossen wurden, widerrufbar sind, weil das Muster für die Widerrufsinformation, das vermutlich alle Banken und Sparkassen verwendet haben, unverständlich und intransparent ist.

Dies betrifft sowohl Immobiliardarlehen als auch Ratenkredite und zum Teil auch noch in letzter Zeit abgeschlossene Verträge.

Kann ich jetzt einfach meinen Kreditvertrag widerrufen?

Nein, davon rät Fachanwalt Dr. Achim Tiffe ab. Vorher sollte der Verbraucher einige Fragen klären. Denn ein Verbraucher muss das Darlehen dann auch zeitnah zurückzahlen können. Es gibt viele Verbraucher, die haben weder das Geld noch können sie umschulden. Auch kann es sein, dass der Verbraucher durch den Widerruf nicht besser gestellt wird als vorher. Schließlich kann es sein, dass der Darlehensvertrag schon viel früher abgeschlossen und nur verlängert wurde. Es gibt daher zahlreiche Fragen zu klären, bevor man weiß, ob es sinnvoll ist, den Widerruf zu erklären.

Wird die Bank oder Sparkasse nachgeben?

Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe vermutet, dass das nicht der Fall sein wird. In der Vergangenheit hat zumindest eine Bank Kunden auch verklagt, wenn sie den Darlehensvertrag widerrufen haben. JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte hatte Verbraucher in dem Fall erfolgreich begleitet. Andere Banken oder Sparkassen denken sich einfach etwas aus, dass der Vertrag der Kunden nicht betroffen sei, damit die Kunden glauben, Sie hätten keine Rechte bzw. ihr Vertrag sei davon nicht betroffen.

Lassen Sie sich daher nicht von den Mitarbeitern der Banken und Sparkassen oder auch der Versicherungen entmutigen.

Wo kann ich mich unabhängig beraten lassen?

Holen Sie sich unabhängigen Rat bei einem Rechtsanwalt oder einer Verbraucherzentrale und bleiben Sie vorsichtig, wenn alles ganz einfach dargestellt wird. Denken Sie daran: Für die Rechtsanwälte ist dies ein großes Geschäft. Sie als Verbraucher tragen aber die Risiken.

Was sagt die Gerichtsentscheidung des EuGH?

Das Urteil in der Rechtssache C-66/19, JC/Kreissparkasse Saarlouis, vom 26.03.2020 wurde bereits veröffentlicht. Das deutsche Recht verstößt danach gegen die EU-Richtlinie und damit bleiben Darlehensverträge, die eine derartige Widerrufsinformation enthalten, widerrufbar, so die Einschätzung von Fachanwalt Dr. Achim Tiffe.

In der Pressemitteilung des EuGH heißt es dazu:

„Außerdem steht die Richtlinie dem entgegen, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist. Im Fall einer solchen Kaskadenverweisung kann der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags nämlich weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, für ihn zu laufen begonnen hat. Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof fest, dass der im fraglichen Vertrag enthaltene Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt, den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.“

Haben die Verbraucher damit gewonnen?

Nein, denn der EuGH entscheidet nur über Rechtsfragen. Das deutsche Gericht muss nun in der Sache noch entscheiden. Das Europarecht steht jedoch in dem Fall über dem nationalen Recht. Auch der Bundesgerichtshof muss sich der Entscheidung des EuGH beugen, obwohl er bisher eine andere Auffassung vertreten hat.

Werden sich die deutschen Gerichte an das Urteil des EuGH halten?

In vielen Fällen ja. Es gibt aber Hintertüren. So werden zahlreiche Gerichtsverfahren verloren, weil die Gerichte trotz irreführender bzw. intransparenter Widerrufsbelehrungen einfach unterstellen, das Recht des Verbrauchers sei „verwirkt“. JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte hält dieses Instrument der Verwirkung für ein sehr gefährliches Mittel, denn es öffnet Willkür Tür und Tor. Zudem hat das Rechtsinstitut der Verwirkung historisch eine sehr bedenkliche Vergangenheit, wie die juristische Literatur zum Thema in der NS-Zeit belegt.

Wenn Verbraucher vom EuGH im Prinzip Recht bekommen und nationale Gerichte das Recht dann massenweise aus anderen Gründen zurückweisen, wird das voraussichtlich auch als Missachtung des EuGH zu werten sein und es steht ein Anspruch auf Staatshaftung im Raum. Es wird daher voraussichtlich nicht die letzte Entscheidung vom EuGH in der Sache sein.

Welche Erfahrung hat JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte mit dem Widerruf?

Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe war seit dem Jahr 2013 von Anfang an dabei und hat seitdem zahlreiche Verbraucher gegenüber Banken und Sparkassen bundesweit außergerichtlich und gerichtlich vertreten und Ansprüche auf Rückabwicklung sowie auf Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen durchgesetzt. Für die Widerrufsfälle steht ein Team von Fachanwälten im Bank- und Kapitalmarktrecht bei JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte zur Verfügung.

Die Kanzlei JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte hat dabei den Ansatz, ihren Kunden eine realistische Einschätzung abzugeben, möglichst zeitnah ökonomisch sinnvolle Lösungen zu erreichen und Risiken der Verbraucher zu minimieren, wenn es sein muss aber auch vor Gericht die Ansprüche konsequent durchzusetzen und bei wegweisenden Entscheidungen diese zu veröffentlichen, um damit auch anderen Verbrauchern in der Sache helfen.

In der Vergangenheit haben Banken und Sparkassen nicht nur Kommunen, sondern auch vielen Mittelständlern und Privatpersonen Swap-Verträge im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung als scheinbar clevere Alternative zu üblichen Darlehen mit fester Zinsbindung verkauft, ohne über die Nachteile und Risiken aufzuklären. Entsprechend haben die Verbraucher, Unternehmer und Kommunen die Nachteile und Risiken dabei regelmäßig unterschätzt. Nun merken sie langsam, welche Folgen diese Verträge haben können. Die Zinsen können über die Wuchergrenzen steigen. Und selbst bei Konnexität von Swap-Vertrag und Darlehensvertrag ist ein Ausstieg aus der Vertragskonstruktion oft 15 Jahre und länger nicht möglich. Darüber aber wurden die Darlehensnehmer bei Vertragsschluss in der Regel nicht hingewiesen.

Betroffen sind Kommunen, Unternehmer und Verbraucher

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs, vom 19.12.2017, Az. XI ZR 152/17, wurde eine Bank verurteilt, aufgrund eines undurchsichtigen Darlehensvertrages mit einer Swap-Klausel dem Darlehensgeber Schadensersatz zu leisten.

Dieses Urteil des BGH hat weitreichende Bedeutung. Denn was für Kommunen gilt, ist genauso auf Unternehmer anwendbar. Gegenüber Verbrauchern gelten zudem weitaus höhere Standards. Entsprechend ist diese Entscheidung auf sämtliche Finanzierungen von Immobilien übertragbar.

Kunden sind gefangen in der Vertragskonstruktion mit Swap-Verträgen

In dem Fall stieg der Zins für das Darlehen für die Darlehensnehmerin unerwartet von knapp 4 % auf über 18 %. Dies war weit mehr als das Doppelte und erschien als Wucher. Die Kommune stellte darauf die Zahlungen weitgehend ein und verklagte das Kreditinstitut.

Bei anderen Vertragskonstruktionen wird erst nach Jahren sichtbar, dass diese Darlehensverträge nicht mehr wie üblich nach zehn Jahren und sechs Monaten kündbar sind, sondern die Darlehensnehmer in der Vertragskonstruktion 15, 20 oder sogar 38 Jahre wie im vorliegenden Fall beim BGH gefangen sind oder sehr hohe Ablösesummen zahlen müssen.

Die Schäden gehen laut Experten allein für die Kommunen in die Milliarden. Betroffen davon sind aber auch Unternehmer, die zum Beispiel gewerbliche Immobilien finanziert haben, und Verbraucher, die Zinshäuser für ihre Altersvorsorge erworben haben. Denn einige Banken und Sparkassen haben auch diesen Kunden Swap-Verträge als vermeintlich günstige und clevere Alternative zu einer üblichen Finanzierung angeboten.

BGH stellt Grundsätze für Beratungs- und Aufklärungspflichten auf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der aktuellen Entscheidung nun die Maßstäbe für die Beratung und Aufklärung derartiger Produkte konkretisiert. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der BGH selbstverständlich von einem Finanzierungsberatungsvertrag ausgegangen ist. Damit nähern sich die Beratungs- und Aufklärungsstandards denen in der Geldanlage an, auch wenn der Bundesgerichtshof weiterhin betont, dass hier andere Maßstäbe gelten.

Deutlich wird damit, dass beim Verkauf von komplexen Finanzprodukten durch eine Bank oder Sparkasse von nun an auch nach Ansicht des BGH grundsätzlich von einer Beratungssituation ausgegangen werden kann. Dies stärkt die Position der Darlehensnehmer. Dann in dem Fall muss eine Bank bzw. Sparkasse „prüfen, ob die empfohlene Finanzierung als ein für den Darlehensnehmer geeignetes Finanzierungsinstrument anzusehen war und ob die Bank den Darlehensnehmer über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform hinreichend aufgeklärt hat“, so der BGH.

Verharmlosung von Risiken führt zur Haftung von Banken und Sparkassen

Insbesondere hat der BGH auch zu beschönigenden Darstellungen der Entwicklung von Zinssätzen in Präsentationen und zur Verharmlosung von Wechselkursrisiken Stellung genommen. Im vorliegenden Fall führte das dazu, dass die Bank dem Darlehensnehmer für den Schaden haftete, der ihm durch das Darlehen entstanden war.

Die Verharmlosung oder Ablenkung von den eigentlichen Nachteilen führt somit zur Haftung der Bank oder Sparkasse. Von Bedeutung können hier, wie das Urteil des BGH zeigt, sämtliche Unterlagen sein, die der Kunde vor Abschluss des Vertrages erhalten hat, insbesondere auch die ausgedruckten Präsentationen, die die Berater den Kunden gerne als Ausdruck ausgehändigt haben. Daher sollte man alle Unterlagen gut aufbewahren.

Hintergrund der Entscheidung des BGH war ein Darlehensvertrag über 3 Millionen Euro an eine Kommune, der im Jahr 2007 einen günstig erscheinenden Zinssatz von 3,99 % jährlich vorsah. Der Zinssatz war die letzten 18 Jahre darin auch fest vereinbart. Die ersten zwanzig Jahre aber hing der Zinssatz vom Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken ab. In der Darstellung der Bank stieg der Zinssatz beispielhaft in den Szenarien auf 4,34 % und 5,43 %. Das Risiko schien für den Darlehensnehmer auch bei einem schlechten Verlauf der Kurse überschaubar. Nach Abschluss des Vertrages stieg der Zins jedoch aufgrund der vertraglich verwendeten Formel und der Entwicklung des Kurses in kurzer Zeit auf 18,99 %. Dagegen wehrte sich der Darlehensnehmer und verklagte erfolgreich die Bank.

Welche Ansprüche man geltend machen kann

Ersetzt werden muss nach der Entscheidung des BGH der entstandene Schaden. Nachteile können der „negative Marktwert“ des Swap-Vertrages bei vorzeitiger Kündigung der Vertragskonstruktion sein. Denkbar ist aber auch, dass die fehlende Möglichkeit, den Darlehensvertrag kostenfrei nach zehn Jahren und sechs Monaten nach Auszahlung zu kündigen und damit umfinanzieren zu können, einen entscheidenden Nachteil des Kunden darstellt und somit die Bank in dem Fall zum Schadensersatz verpflichtet.

Nicht gefolgt ist der Bundesgerichtshof dem Ansatz, dass der Zinssatz sittenwidrig sei. Der Anspruch auf Schadensersatz erscheint aber ausreichend, die Ansprüche der Bank- und Sparkassenkunden durchzusetzen, vorausgesetzt, diese reagieren, bevor die Verjährung eintritt.

Auf Verjährung der Ansprüche achten

Die Ansprüche verjähren spätestens nach Ablauf von zehn Jahren seit Vertragsschluss. Betroffenen wird daher empfohlen, sich zeitnah zu erkundigen, welche nachteiligen Folgen ihre Darlehensverträge haben können und wann Verjährung droht, damit sie reagieren können, bevor ihre Ansprüche verjährt sind.

Tipp

Wenn Sie davon betroffen sind, lassen Sie sich vorab rechtlich beraten. Viele Fälle lassen sich außergerichtlich lösen. JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte berät Mandanten seit Jahren bundesweit und unkompliziert.