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10 Jahre Lehman-Pleite – Verkauf von Zertifikaten geht weiter

Nichts gelernt aus der Lehman-Pleite am 15.09.2008?

Rechtsanwalt Ulrich Husack hatte vor zehn Jahren zahlreiche Anleger von Zertifikaten gegenüber Sparkassen und Banken vertreten. Zehn Jahre später sind die damaligen Fälle beendet, doch Zertifikate werden weiterhin von Sparkassen und Banken weiterhin verkauft, ohne dass den Anlegern die Nachteile und Risiken bekannt sind. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Blase platzt und Anleger Schaden erleiden,“ so Rechtanwalt Ulrich Husack.

Die Kanzlei JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte bestand vor zehn Jahren noch nicht. Einer seiner Partner Rechtsanwalt Ulrich Husack war aber im Jahr 2008 einer der führenden Rechtsanwälte in Deutschland, der Anleger nach der Lehman-Pleite vertrat.

Zur Geschichte der Lehman-Pleite in Deutschland

Für fast alle überraschend meldete die US-Investmentbank Lehman Brothers am 15.09.2008 Insolvenz an. Schon bald darauf zeigte sich, dass zahlreiche deutsche Anleger, vornehmlich der älteren Generation, betroffen waren, da sie auf Empfehlung ihrer Hausbank in von Lehman emittierte Zertifikate angelegt hatten. Bereits am 09.10.2008 nahm Rechtsanwalt Ulrich Husack in einer Live-Sendung der Reihe „NDR aktuell extra“ zu Fragen von Zuschauern zur Insolvenz von Lehman Stellung.

Erst Klage gegen Hamburger Sparkasse

Rechtsanwalt Husack reichte dann die bundesweit erste Klage gegen die den Mandanten beratende Bank (HASPA) ein. Er erzielte vor dem Landgericht Hamburg ein obsiegendes Urteil, welches allerdings vor dem Oberlandesgericht und in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof keinen Bestand hatte. Trotzdem veranlasste das erstinstanzliche Urteil offenkundig zahlreiche Banken und Sparkassen Vergleiche mit ihren Kunden abzuschließen, da die Rechtslage nicht eindeutig war. Die ARD berichtete schließlich in der Tagesschau am 15.09.2010 über die laufenden Verfahren und die Lehman-Pleite und interviewte Rechtsanwalt Husack zum aktuellen Stand.

Betroffene organisierten sich

Der Mandant von Rechtsanwalt Husack, der leider im Laufe des Verfahrens verstorbene Herr Krupsky, wurde letztlich zu „dem“ Protagonisten der Lehman-Geschädigten. Erstmals in der deutschen Geschichte organisierten sich die Geschädigten und begründeten in zahlreichen Städten einen „Lehman-Stammtisch“, welcher Aktionen wie Mahnwachen vor Banken und Demonstrationen (insbesondere in Berlin) organisierte. Diese Stammtische zeigten den Betroffenen, dass sie nicht alleine dastanden und ihre Interessen auch in die eigene Hand nehmen müssen, um gehört zu werden. Nebenbei bemerkt: der Hamburger Stammtisch besteht bis heute und es haben sich daraus Freundschaften unter den betroffenen Anlegern entwickelt.

Der Gesetzgeber schaffte im Anschluss die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG ab nach welchem in der Regel Schadensersatzansprüche bereits 3 Jahre nach dem Wertpapierkauf verjährten Auch führte der deutsche Gesetzgeber ein zu fertigendes Beratungsprotokoll ein, um den Anlegern zu helfen, eine Falschberatung nachzuweisen. Ein diesbezüglicher Erfolg erscheint allerdings durchaus zweifelhaft.

Zertifikate werden auch heute weiter an Anleger verkauft

Und heute? Sind die als Wettpapiere zu bezeichnenden Zertifikate vom Markt verschwunden? Nein! Sicherlich auch wegen des Umstandes, dass festverzinsliche Wertpapiere nahezu keine Rendite mehr erwirtschaften, boomt der Zertifikatemarkt wieder. Wie sich aus Veröffentlichungen ergibt, versorgt insbesondere die DEKA die deutschen Sparkassen mit zahlreichen Zertifikaten. Dieses ist umso erstaunlicher, weil das Ursprungsgeschäft der DEKA im Auflegen von Investmentfonds bestand, die DEKA nunmehr allerdings mehr Zertifikate als Fonds veräußert. Solange der Anleger allerdings die Funktionsweise der Zertifikate versteht und von der „Idee“ des Zertifikates überzeugt ist, ist dagegen auch überhaupt nichts einzuwenden.

Risiken und Nachteile sind Anlegern meistens nicht bekannt

Problematisch wird die Anlage nur, wenn keine ordnungsgemäße Beratung erfolgt und der Anleger nur im Vertrauen auf seinen Anlageberater, dessen Vorschlag folgt. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Letzteres die Regel sein dürfte, weil die Funktionsweisen der Zertifikate sicher nur selten von den Anlegern verstanden werden.

Was Zertifikate sind und welche Risiken bestehen

Wer Zertifikate erwirbt, wird kein Eigentümer von Aktien u.a., sondern hat in der Regel nur eine Schuldverschreibung gekauft. Der Schuldner, Emittent genannt, verspricht einen bestimmten Wert zurückzuzahlen. Dies kann ein fester Zinssatz zusätzlich zum eingesetzten Geld sein oder eine Beteiligung an der Wertentwicklung von einzelnen Aktien oder eines Index. Oft wird von Kunden die Werthaltigkeit der Aktien oder des Index mit dem Wert des Zertifikats gleichgestellt. Das aber kann ein teurer Irrtum werden. Fällt der Emittent des Zertifikats aus, kann das einen Totalverlust bedeuten.

Dabei können Zertifikate sehr unterschiedlich ausfallen, Schwellen und Grenzen haben und von zahlreichen weiteren Bedingungen abhängen. Zum Teil werden dabei feste Zinssätze unter bestimmten Bedingungen angeboten. Die festen Zinssätze sehen nach Sicherheit aus wie bei einem Sparvertrag. Doch tatsächlich handelt es sich nicht um eine Sparanlage, sondern um eine Wette auf bestimmte Ereignisse. Je nach Konstruktion kann das Zertifikat wie Aktien an Wert verlieren oder sogar Totalverlust drohen, wenn bestimmte Bedingungen eintreten, die man oft nur im Kleingedruckten findet. Für einen Anleger sind die Risiken in der Regel nicht erkennbar, insbesondere nicht, inwieweit es sich um ein spekulatives Investment handelt und wie hoch die Risiken tatsächlich sind. Damit kann auch ein Laie nicht abschätzen, ob der Preis für das Zertifikat stimmt oder er übervorteilt wird.

Wenn überhaupt ein Zertifikat für einen Privatanleger im Rahmen einer Beratung in Betracht kommt, muss dieser von der Bank oder Sparkasse über sämtliche Risiken und Nachteile mit den wirtschaftlichen Folgen für ihn vor dem Kauf aufgeklärt werden. Andernfalls sollte man risikolosere Anlageformen wählen.

Tipp

Lassen Sie sich beraten, bevor Verluste entstehen, wenn Ihnen Zertifikate verkauft wurden. Fragen Sie bei Ihrer Bank oder Sparkasse genau nach, welche Risiken und Nachteile bei dem jeweiligen Zertifikat entstehen und nehmen Sie am besten einen Zeugen zum Gespräch mit oder lassen Sie sich die Aussagen schriftlich bestätigen. Am besten ist es, Sie holen sich eine zweite unabhängige Meinung über die Risiken und Nachteile der Zertifikate ein, die Sie erworben haben. Andernfalls kann es böse Überraschungen bei der nächsten Finanzkrise oder dem nächsten Börsencrash geben.

Und so viel ist nach Lehman sicher. Das Vertrauen in den Markt kann jederzeit unerwartet erschüttert werden.