Picam, Piccor und Piccox – unter diesen eigentümlichen Bezeichnungen wurden Anlegern glitzernde Renditeversprechen gemacht. Doch jetzt müssen die Kunden einen Totalverlust befürchten, die Rückzahlungen bleiben seit Monaten aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen des Verdachts auf Anlagebetrug. Und wir prüfen Schadensersatzansprüche.

Als seriöse schweizerische Geldanlage wurden die Produkte der sogenannten Picam Gruppe um die Verantwortlichen Thomas Entzeroth aus Berlin und Peter Züllig aus der Schweiz von verschiedenen Vermittlern vertrieben. Doch schon das hinter dem Investment stehende Firmengeflecht aus einer Piccor AG in der Schweiz, einer Swiss Finance Group AG oder einer Vavarian AG in Liechtenstein sowie weiteren Gesellschaften und Beteiligten wie einem Anwalt aus Mecklenburg-Vorpommern oder einem Wirtschaftsprüfer mit einem Einzahlungskonto bei der Berliner Volksbank war schlecht zu durchblicken. Ebenso dürfte kaum nachvollzogen worden sein, wie die versprochenen Traumrenditen durch einen vermeintlich computerbasierten Handel mit Dax-Futures erwirtschaftet werden sollten.

Verdacht auf Schneeballsystem

Das Handelsblatt berichtete in seiner Ausgabe vom 18.1.2018 über „Das große Verwirrspiel“ und gab hier auch an, den angeblichen Programmierer des von dem Picam Verbund eingesetzten Systems zum Computerhandel gesprochen zu haben. Der habe erklärt: „Ich möchte nicht mit den Firmen in Zusammenhang gebracht werden. Ich kann gar nicht programmieren.“ Jetzt berichtet das Handelsblatt von strafrechtlichen Ermittlungen und Razzien gegen sieben Beschuldigte aus Deutschland und der Schweiz. Nach einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten werde wegen Anlagebetrugs ermittelt. Die Staatsanwaltschaft gehe von einem Schneeballsystem aus.

Solche Betrugsmaschen kennen wir leider zu Genüge: Neu angeworbene Kunden finanzieren die Auszahlungen an frühere Anleger. Die dürfen sich meist über satte Renditen freuen. So wird das System angeheizt. Zwischendurch lassen die Verantwortlichen das Kapital zwischen Konten, Unternehmen und Konten zirkulieren und bedienen sich daran über Gebühren und Provisionen. Bleiben dann irgendwann neue Anleger aus, versiegen Quellen von immer neuem Geld. Die Auszahlungen bleiben aus. Der Schwindel fliegt auf und das Schneeballsystem bricht zusammen.

Arrestverfahren gegen die Hintermänner von Picam

Anlegeranwälte empfehlen in solchen Fällen ihren Mandanten oft, Arrestverfahren gegen die Verantwortlichen durchzuführen. Mithilfe eines solchen Eilverfahrens können Geschädigte zunächst ihre Ansprüche absichern, um dann in einem späteren Klageverfahren in der Hauptsache einen Titel gegen die Hintermänner zu erwirken und mit dem arrestierten Vermögen ihre Forderungen durchsetzen. Doch eine solche Vorgehensweise ist nicht ohne Risiko.

Es kann gerade für Mandanten ohne Kostenschutz durch eine Rechtsschutzversicherung zu erheblichen Kostenbelastungen führen, weil zwei Verfahren, nämlich das Arrestverfahren und das Hauptsacheverfahren, durchgeführt und unter Umständen auch voll bezahlt werden müssen. Und da es im konkreten Fall bislang nur wenige Informationen durch die Medien vorliegen, ist gegenwärtig keinesfalls gesichert, dass ein Arrestverfahren überhaupt zum gewünschten Ergebnis führt. Der Erfolg ist oftmals von den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden und dem Ausgang des Strafverfahrens abhängig. Werden hier aus prozessökonomischen Gründen schnelle Deals mit den Beschuldigten geschlossen, fehlen den Anleger oft notwendige Informationen für ihre Zivilverfahren.

Haften die Vermittler?

Neben den Hintermännern können aber auch die beteiligten Anlagevermittler haften. Diese haben anleger- und anlagegerecht zu beraten. Sie durften die Geldanlage also nur Anlegern vorschlagen, zu denen sie nach ihrer Anlagementalität auch „passt“. Dabei sind etwa Erfahrungen des Kunden, seine Risikobereitschaft und seine Anlageziele zu ermitteln und zu berücksichtigen. Ferner haben die Finanzberater ihre Kunden über alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Eigenschaften der Kapitalanlage aufzuklären.

Nach unserer Einschätzung waren die betreffende Anlagen der Picam Gruppe als hochspekulativ einzuordnen, ein Verlust des eingesetzten Kapitals dürfte  schon bei Eingehung der Anlage nicht unwahrscheinlich gewesen sein. Im Ergebnis durften aus unserer Sicht die betreffenden Investitionen in die Piccor AG oder in das Piccox Zertifikat Anlegern, die auf die Sicherheit ihrer Geldanlage bedacht waren oder die einen Großteil ihres Vermögens einsetzen sollten, gar nicht empfohlen werden.

Zudem lassen sich aus den Produktinformationen selbst bei eingehenderem Studium die Funktionsweisen nicht erkennen. Sie sind schlicht intransparent. Auch erscheint es nicht möglich zu sein, zu kontrollieren, ob und in welcher Höhe Zahlungen der Emittenten tatsächlich geschuldet werden. Wir haben Zweifel, dass die Vermittler über diese Umstände aufklärten.

Ein Vermittler hat zu prüfen, ob der von ihm empfohlenen Kapitalanlage ein plausibles Geschäftsmodell zugrunde liegt. Wir vermuten, dass eine derartige Plausibilitätsprüfung oft unterblieben. Darauf hätte ein Vermittler dann aber eindeutig hinweisen müssen.

Schadensersatz für Anleger

Wir meinen, dass sich viele Anlagevermittler ihrer Verantwortung nicht werden entziehen können. Liegen Aufklärungsfehler oder Beratungsmängel vor, können ihre Kunden sie auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Der Vorteil für Anleger: Viele Vermittler haben ihre Haftungsfälle über Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen abgesichert. Man muss in diesen Fällen also nicht auf arrestiertes Vermögen zurückgreifen, sondern kann seine Ansprüche bei solventen Versicherern geltend machen. Sprechen Sie uns an, gerne prüfen wir Ansprüche und rechtlichen Möglichkeiten.