Sie haben Aktien von WIRECARD oder z.B. ein Zertifikat mit WIRECARD als Basiswert? Vermutlich haben Sie damit jetzt nahezu einen Totalverlust erlitten.

Nichts überstürzen!

Wenn Sie sich dagegen wehren wollen, stellt sich die Frage, wann Sie tätig werden müssen. Die regelmäßige Verjährung von Ansprüchen dürfte erst zum 31.12.2023 eintreten. Daher müssen Sie nicht jetzt schon in Hektik verfallen.

Der Sachverhalt ist derzeit unklar

Der Sachverhalt des Skandals ist derzeit noch gar nicht im Detail bekannt. Bislang ergibt sich aus den Medien nur, dass entweder 1,8 Mrd. Euros nie vorhanden waren oder verschwunden sind. Wer was wann getan hat und wer ganz konkret welche Fehler beging, steht bislang nicht fest. Entsprechende Mutmaßungen sind bislang Spekulation. So heißt es im SPIEGEL vom 18.07.2020 auf Seite 9: „Wie viel echt ist bei Wirecard, wie viel erlogen, wird noch herauszufinden sein in den kommenden Monaten. Und auch, wie das den Aufsehern entgehen konnte und den Buchprüfern von EY, die dem Konzern immer wieder die Bilanzen absegneten.“ Fest steht, das die Ermittlungen des Sachverhaltes ganz am Anfang stehen und aus diesem Grund Aussagen über Prozesschancen gegen Beteiligte überwiegend spekulativ sind.

Geschädigte Anleger sollten daher momentan Ruhe bewahren und abwarten, welche Erkenntnisse staatliche oder journalistische Ermittlungen ergeben.

Wer als Anspruchsgegner in Betracht kommt

Mögliche Anspruchsgegner sind eventuelle Berater, welche zum Erwerb der Wertpapiere rieten, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder der Staat.

Beraterhaftung

Ein freier Berater oder die beratende Bank, Sparkasse oder Volksbank müssen, sofern eine Beratung erfolgte, dem Anleger eine passende Anlage vorschlagen und über die konkreten Risiken der Anlage aufklären. Dazu gehört auch unter Umständen, den Anleger auf negative Presseberichterstattung hinzuweisen. Hier müssen die relevanten Berichterstattungen vor Empfehlung und Kauf herausgearbeitet werden.

Wirtschaftsprüfer

Ob die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, kann noch nicht beurteilt werden. Einerseits ist nicht klar, ob EY etwas übersehen hat und gegebenenfalls was EY übersehen hat und wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ob und wenn ja welcher Fehler dort begangen wurde. Andererseits sind die Voraussetzungen eines Anspruches gegen eine Wirtschaftsprüfergesellschaft recht schwierig. In Betracht kommt hier ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, eine deliktische Haftung aus § 826 BGB oder auch eine Prospekthaftung.

Sollte ein Anspruch aus Schutzwirkungsverletzung gegeben sein, kann dieser der Höhe nach aus § 323 Abs.2 HGB begrenzt sein. Es besteht das Risiko, dass Anleger auch bei einem Gerichtserfolg leer ausgehen, weil die Haftungsobergrenze erreicht ist.

Um die Angelegenheit insbesondere in Hinsicht auf eine deliktische Haftung aus § 826 BGB beurteilen zu können, sind weitere Sachverhaltsermittlungen notwendig, welche eher von der Presse oder z.B. der Staatsanwaltschaft erbracht werden können, als von anwaltlicher Seite.

Staat

Ein Staatshaftungsanspruch erscheint momentan eher ausgeschlossen, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gem. § 4 Abs. 4 FinDAG nur (!) im öffentlichen Interesse tätig wird. Aber auch hier bleibt abzuwarten, was die weiteren Ermittlungen ergeben.

Was wir aktuell empfehlen

Unser Vorschlag in diesem Zusammenhang ist, dass Sie – wenn Sie nicht rechtsschutzversichert sind – Kontakt zu uns aufnehmen und wir Ihre Kontaktdaten aufnehmen und uns mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn die Zeit reif ist, aktiv zu werden.

Sollten Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, so würden wir uns zunächst darum bemühen, dass Ihre Versicherung den Fall deckt. Insbesondere erscheint dieses bereits jetzt sinnvoll, wenn es um eine Beraterhaftung geht.

Rechtsanwalt Ulrich Husack ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner von JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte. Er hat langjährige Erfahrung als Rechtsanwalt im Bereich der Geldanlage und hat zahlreiche Finanzskandale wie die Lehman-Pleite von Anfang an begleitet.