In der Vergangenheit haben Banken und Sparkassen nicht nur Kommunen, sondern auch vielen Mittelständlern und Privatpersonen Swap-Verträge im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung als scheinbar clevere Alternative zu üblichen Darlehen mit fester Zinsbindung verkauft, ohne über die Nachteile und Risiken aufzuklären. Entsprechend haben die Verbraucher, Unternehmer und Kommunen die Nachteile und Risiken dabei regelmäßig unterschätzt. Nun merken sie langsam, welche Folgen diese Verträge haben können. Die Zinsen können über die Wuchergrenzen steigen. Und selbst bei Konnexität von Swap-Vertrag und Darlehensvertrag ist ein Ausstieg aus der Vertragskonstruktion oft 15 Jahre und länger nicht möglich. Darüber aber wurden die Darlehensnehmer bei Vertragsschluss in der Regel nicht hingewiesen.

Betroffen sind Kommunen, Unternehmer und Verbraucher

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs, vom 19.12.2017, Az. XI ZR 152/17, wurde eine Bank verurteilt, aufgrund eines undurchsichtigen Darlehensvertrages mit einer Swap-Klausel dem Darlehensgeber Schadensersatz zu leisten.

Dieses Urteil des BGH hat weitreichende Bedeutung. Denn was für Kommunen gilt, ist genauso auf Unternehmer anwendbar. Gegenüber Verbrauchern gelten zudem weitaus höhere Standards. Entsprechend ist diese Entscheidung auf sämtliche Finanzierungen von Immobilien übertragbar.

Kunden sind gefangen in der Vertragskonstruktion mit Swap-Verträgen

In dem Fall stieg der Zins für das Darlehen für die Darlehensnehmerin unerwartet von knapp 4 % auf über 18 %. Dies war weit mehr als das Doppelte und erschien als Wucher. Die Kommune stellte darauf die Zahlungen weitgehend ein und verklagte das Kreditinstitut.

Bei anderen Vertragskonstruktionen wird erst nach Jahren sichtbar, dass diese Darlehensverträge nicht mehr wie üblich nach zehn Jahren und sechs Monaten kündbar sind, sondern die Darlehensnehmer in der Vertragskonstruktion 15, 20 oder sogar 38 Jahre wie im vorliegenden Fall beim BGH gefangen sind oder sehr hohe Ablösesummen zahlen müssen.

Die Schäden gehen laut Experten allein für die Kommunen in die Milliarden. Betroffen davon sind aber auch Unternehmer, die zum Beispiel gewerbliche Immobilien finanziert haben, und Verbraucher, die Zinshäuser für ihre Altersvorsorge erworben haben. Denn einige Banken und Sparkassen haben auch diesen Kunden Swap-Verträge als vermeintlich günstige und clevere Alternative zu einer üblichen Finanzierung angeboten.

BGH stellt Grundsätze für Beratungs- und Aufklärungspflichten auf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der aktuellen Entscheidung nun die Maßstäbe für die Beratung und Aufklärung derartiger Produkte konkretisiert. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der BGH selbstverständlich von einem Finanzierungsberatungsvertrag ausgegangen ist. Damit nähern sich die Beratungs- und Aufklärungsstandards denen in der Geldanlage an, auch wenn der Bundesgerichtshof weiterhin betont, dass hier andere Maßstäbe gelten.

Deutlich wird damit, dass beim Verkauf von komplexen Finanzprodukten durch eine Bank oder Sparkasse von nun an auch nach Ansicht des BGH grundsätzlich von einer Beratungssituation ausgegangen werden kann. Dies stärkt die Position der Darlehensnehmer. Dann in dem Fall muss eine Bank bzw. Sparkasse „prüfen, ob die empfohlene Finanzierung als ein für den Darlehensnehmer geeignetes Finanzierungsinstrument anzusehen war und ob die Bank den Darlehensnehmer über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform hinreichend aufgeklärt hat“, so der BGH.

Verharmlosung von Risiken führt zur Haftung von Banken und Sparkassen

Insbesondere hat der BGH auch zu beschönigenden Darstellungen der Entwicklung von Zinssätzen in Präsentationen und zur Verharmlosung von Wechselkursrisiken Stellung genommen. Im vorliegenden Fall führte das dazu, dass die Bank dem Darlehensnehmer für den Schaden haftete, der ihm durch das Darlehen entstanden war.

Die Verharmlosung oder Ablenkung von den eigentlichen Nachteilen führt somit zur Haftung der Bank oder Sparkasse. Von Bedeutung können hier, wie das Urteil des BGH zeigt, sämtliche Unterlagen sein, die der Kunde vor Abschluss des Vertrages erhalten hat, insbesondere auch die ausgedruckten Präsentationen, die die Berater den Kunden gerne als Ausdruck ausgehändigt haben. Daher sollte man alle Unterlagen gut aufbewahren.

Hintergrund der Entscheidung des BGH war ein Darlehensvertrag über 3 Millionen Euro an eine Kommune, der im Jahr 2007 einen günstig erscheinenden Zinssatz von 3,99 % jährlich vorsah. Der Zinssatz war die letzten 18 Jahre darin auch fest vereinbart. Die ersten zwanzig Jahre aber hing der Zinssatz vom Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken ab. In der Darstellung der Bank stieg der Zinssatz beispielhaft in den Szenarien auf 4,34 % und 5,43 %. Das Risiko schien für den Darlehensnehmer auch bei einem schlechten Verlauf der Kurse überschaubar. Nach Abschluss des Vertrages stieg der Zins jedoch aufgrund der vertraglich verwendeten Formel und der Entwicklung des Kurses in kurzer Zeit auf 18,99 %. Dagegen wehrte sich der Darlehensnehmer und verklagte erfolgreich die Bank.

Welche Ansprüche man geltend machen kann

Ersetzt werden muss nach der Entscheidung des BGH der entstandene Schaden. Nachteile können der „negative Marktwert“ des Swap-Vertrages bei vorzeitiger Kündigung der Vertragskonstruktion sein. Denkbar ist aber auch, dass die fehlende Möglichkeit, den Darlehensvertrag kostenfrei nach zehn Jahren und sechs Monaten nach Auszahlung zu kündigen und damit umfinanzieren zu können, einen entscheidenden Nachteil des Kunden darstellt und somit die Bank in dem Fall zum Schadensersatz verpflichtet.

Nicht gefolgt ist der Bundesgerichtshof dem Ansatz, dass der Zinssatz sittenwidrig sei. Der Anspruch auf Schadensersatz erscheint aber ausreichend, die Ansprüche der Bank- und Sparkassenkunden durchzusetzen, vorausgesetzt, diese reagieren, bevor die Verjährung eintritt.

Auf Verjährung der Ansprüche achten

Die Ansprüche verjähren spätestens nach Ablauf von zehn Jahren seit Vertragsschluss. Betroffenen wird daher empfohlen, sich zeitnah zu erkundigen, welche nachteiligen Folgen ihre Darlehensverträge haben können und wann Verjährung droht, damit sie reagieren können, bevor ihre Ansprüche verjährt sind.

Tipp

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