Die HSH Nordbank ist Geschichte. Sie wandelt sich nach dem Verkauf an ausländische/außereuropäische Investoren zur „Hamburg Commerical Bank“. Kreditkunden der vormaligen Landesbank könnte das nach Meinung von JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte zur Sonderkündigung berechtigen.

Denn Darlehensnehmer dürfen nicht länger an Kreditinstitute gebunden sein, die ihr Geschäft nicht mehr in der bisherigen Form weiter betreiben wollen und zu befürchten ist, dass das jeweilige Kreditgeschäft ganz eingestellt wird und die Forderungen verkauft werden oder mit deren Eigentümerwechsel Kunden nicht einverstanden sind.

Veränderungen bei der HSH Nordbank AG

Das Handelsblatt berichtete am 10.12.2018, dass die Zahl der Vollzeitstellen von zuletzt 1.720 binnen knapp drei Jahren auf rund 930 fallen soll, Das entspricht 46 % der Vollzeitstellen. Es ist zu erwarten, dass die Kreditabteilungen davon ebenfalls betroffen sind. Das Handelsblatt berichtet zudem, dass ganze Geschäftsfelder wohl beendet werden sollen.

Fachanwalt Dr. Achim Tiffe von der Kanzlei JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte meint, dass Darlehensnehmer vor diesem Hintergrund nicht abwarten müssen, bis Probleme entstehen, Darlehensverträge nicht fortgesetzt, zuständige Abteilungen geschlossen oder Forderungen verkauft werden, insbesondere wenn sich die Kunden eine öffentliche Landesbank bewusst ausgesucht hatten und nun mit neuen Eigentümern „um die Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers“ wie das Handelsblatt berichtete, konfrontiert werden. Die SZ berichtete über die Investmentfirma Cerberus [in der griechischen Mythologie: Höllenhund] unter dem Titel: „Heuschrecken, die sich Höllenhunde nennen“.

Was bei einem Verkauf von Forderungen alles passieren kann

Welche unannehmbaren Folgen  die Abwicklung von Kreditgeschäften einer Bank haben kann, zeigt das Beispiel GMAC-RFC Bank GmbH. Diese hatte Verbrauchern vor gut 10 Jahren Baufinanzierungen angeboten. Nun meldete sich ein Unternehmen Servicing Advisors Deutschland GmbH und verlangte nach Ansicht von JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte sittenwidrige Zinsen von z.B. 7,2 % p.a. statt marktüblicher Zinsen im gleichen Zeitraum von 1,6 % p.a. für die Anschlussfinanzierung. Forderungsinhaber sei nun das ausländische Unternehmen L2 B.V. Die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin sieht sich machtlos. Für ausländische Unternehmen sei es nicht zuständig.

Das Sonderkündigungsrecht für Kunden

Solange müssen Kunden der HSH Nordbank AG nicht warten, meint Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe, sondern können langlaufenden Darlehensverträge beenden, ohne Vorfälligkeitsentschädigung bzw. Strafzahlungen mit der HSH Nordbank AG zu zahlen.

Gerichte haben das außerordentliche Kündigungsrecht schon einmal bei einer Fusion bejaht: OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.06.2001 – 9 U 143/00. Darlehensnehmer sollten sich in dem Fall aber schnell entscheiden, denn das Recht auf eine außerordentliche Kündigung besteht nur innerhalb einer angemessenen Frist für eine Prüfung und Entscheidung, wobei auf die persönliche Kenntnis der neuen Umstände abzustellen ist. Notwendig dafür ist eine außerordentliche Kündigung, die entsprechend begründet wird.

In der Vergangenheit haben Banken und Sparkassen nicht nur Kommunen, sondern auch vielen Mittelständlern und Privatpersonen Swap-Verträge im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung als scheinbar clevere Alternative zu üblichen Darlehen mit fester Zinsbindung verkauft, ohne über die Nachteile und Risiken aufzuklären. Entsprechend haben die Verbraucher, Unternehmer und Kommunen die Nachteile und Risiken dabei regelmäßig unterschätzt. Nun merken sie langsam, welche Folgen diese Verträge haben können. Die Zinsen können über die Wuchergrenzen steigen. Und selbst bei Konnexität von Swap-Vertrag und Darlehensvertrag ist ein Ausstieg aus der Vertragskonstruktion oft 15 Jahre und länger nicht möglich. Darüber aber wurden die Darlehensnehmer bei Vertragsschluss in der Regel nicht hingewiesen.

Betroffen sind Kommunen, Unternehmer und Verbraucher

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs, vom 19.12.2017, Az. XI ZR 152/17, wurde eine Bank verurteilt, aufgrund eines undurchsichtigen Darlehensvertrages mit einer Swap-Klausel dem Darlehensgeber Schadensersatz zu leisten.

Dieses Urteil des BGH hat weitreichende Bedeutung. Denn was für Kommunen gilt, ist genauso auf Unternehmer anwendbar. Gegenüber Verbrauchern gelten zudem weitaus höhere Standards. Entsprechend ist diese Entscheidung auf sämtliche Finanzierungen von Immobilien übertragbar.

Kunden sind gefangen in der Vertragskonstruktion mit Swap-Verträgen

In dem Fall stieg der Zins für das Darlehen für die Darlehensnehmerin unerwartet von knapp 4 % auf über 18 %. Dies war weit mehr als das Doppelte und erschien als Wucher. Die Kommune stellte darauf die Zahlungen weitgehend ein und verklagte das Kreditinstitut.

Bei anderen Vertragskonstruktionen wird erst nach Jahren sichtbar, dass diese Darlehensverträge nicht mehr wie üblich nach zehn Jahren und sechs Monaten kündbar sind, sondern die Darlehensnehmer in der Vertragskonstruktion 15, 20 oder sogar 38 Jahre wie im vorliegenden Fall beim BGH gefangen sind oder sehr hohe Ablösesummen zahlen müssen.

Die Schäden gehen laut Experten allein für die Kommunen in die Milliarden. Betroffen davon sind aber auch Unternehmer, die zum Beispiel gewerbliche Immobilien finanziert haben, und Verbraucher, die Zinshäuser für ihre Altersvorsorge erworben haben. Denn einige Banken und Sparkassen haben auch diesen Kunden Swap-Verträge als vermeintlich günstige und clevere Alternative zu einer üblichen Finanzierung angeboten.

BGH stellt Grundsätze für Beratungs- und Aufklärungspflichten auf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der aktuellen Entscheidung nun die Maßstäbe für die Beratung und Aufklärung derartiger Produkte konkretisiert. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der BGH selbstverständlich von einem Finanzierungsberatungsvertrag ausgegangen ist. Damit nähern sich die Beratungs- und Aufklärungsstandards denen in der Geldanlage an, auch wenn der Bundesgerichtshof weiterhin betont, dass hier andere Maßstäbe gelten.

Deutlich wird damit, dass beim Verkauf von komplexen Finanzprodukten durch eine Bank oder Sparkasse von nun an auch nach Ansicht des BGH grundsätzlich von einer Beratungssituation ausgegangen werden kann. Dies stärkt die Position der Darlehensnehmer. Dann in dem Fall muss eine Bank bzw. Sparkasse „prüfen, ob die empfohlene Finanzierung als ein für den Darlehensnehmer geeignetes Finanzierungsinstrument anzusehen war und ob die Bank den Darlehensnehmer über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform hinreichend aufgeklärt hat“, so der BGH.

Verharmlosung von Risiken führt zur Haftung von Banken und Sparkassen

Insbesondere hat der BGH auch zu beschönigenden Darstellungen der Entwicklung von Zinssätzen in Präsentationen und zur Verharmlosung von Wechselkursrisiken Stellung genommen. Im vorliegenden Fall führte das dazu, dass die Bank dem Darlehensnehmer für den Schaden haftete, der ihm durch das Darlehen entstanden war.

Die Verharmlosung oder Ablenkung von den eigentlichen Nachteilen führt somit zur Haftung der Bank oder Sparkasse. Von Bedeutung können hier, wie das Urteil des BGH zeigt, sämtliche Unterlagen sein, die der Kunde vor Abschluss des Vertrages erhalten hat, insbesondere auch die ausgedruckten Präsentationen, die die Berater den Kunden gerne als Ausdruck ausgehändigt haben. Daher sollte man alle Unterlagen gut aufbewahren.

Hintergrund der Entscheidung des BGH war ein Darlehensvertrag über 3 Millionen Euro an eine Kommune, der im Jahr 2007 einen günstig erscheinenden Zinssatz von 3,99 % jährlich vorsah. Der Zinssatz war die letzten 18 Jahre darin auch fest vereinbart. Die ersten zwanzig Jahre aber hing der Zinssatz vom Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken ab. In der Darstellung der Bank stieg der Zinssatz beispielhaft in den Szenarien auf 4,34 % und 5,43 %. Das Risiko schien für den Darlehensnehmer auch bei einem schlechten Verlauf der Kurse überschaubar. Nach Abschluss des Vertrages stieg der Zins jedoch aufgrund der vertraglich verwendeten Formel und der Entwicklung des Kurses in kurzer Zeit auf 18,99 %. Dagegen wehrte sich der Darlehensnehmer und verklagte erfolgreich die Bank.

Welche Ansprüche man geltend machen kann

Ersetzt werden muss nach der Entscheidung des BGH der entstandene Schaden. Nachteile können der „negative Marktwert“ des Swap-Vertrages bei vorzeitiger Kündigung der Vertragskonstruktion sein. Denkbar ist aber auch, dass die fehlende Möglichkeit, den Darlehensvertrag kostenfrei nach zehn Jahren und sechs Monaten nach Auszahlung zu kündigen und damit umfinanzieren zu können, einen entscheidenden Nachteil des Kunden darstellt und somit die Bank in dem Fall zum Schadensersatz verpflichtet.

Nicht gefolgt ist der Bundesgerichtshof dem Ansatz, dass der Zinssatz sittenwidrig sei. Der Anspruch auf Schadensersatz erscheint aber ausreichend, die Ansprüche der Bank- und Sparkassenkunden durchzusetzen, vorausgesetzt, diese reagieren, bevor die Verjährung eintritt.

Auf Verjährung der Ansprüche achten

Die Ansprüche verjähren spätestens nach Ablauf von zehn Jahren seit Vertragsschluss. Betroffenen wird daher empfohlen, sich zeitnah zu erkundigen, welche nachteiligen Folgen ihre Darlehensverträge haben können und wann Verjährung droht, damit sie reagieren können, bevor ihre Ansprüche verjährt sind.

Tipp

Wenn Sie davon betroffen sind, lassen Sie sich vorab rechtlich beraten. Viele Fälle lassen sich außergerichtlich lösen. JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte berät Mandanten seit Jahren bundesweit und unkompliziert.

Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe ist Partner unserer Kanzlei und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Seine Mandanten sind Unternehmer und Verbraucher, die Schwierigkeiten mit Banken und Versicherungen haben. Ob vermögend oder in einer finanziell angespannten Situation, Verbraucher und Unternehmer sind gegenüber Banken und Versicherungen oft in der schwächeren Position. Sein Ziel ist es daher, seine Mandanten dabei zu unterstützen, aufrecht zu bleiben, sich nicht einschüchtern zu lassen und ihre Rechte durchzusetzen.

Seine Expertise im Bereich Finanzdienstleistungen und Verbraucherrecht baut auf seiner langjährigen Tätigkeit im institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) auf, bei dem er zuletzt als geschäftsführender Direktor tätig war. Er hat dabei zahlreiche Gutachten und Studien für die Europäische Kommission und Bundesministerien zu den Themen Riester-Rente, Verbraucherkredite, Immobilienfinanzierung, Anlageberatung und Zahlungsverkehr erstellt. Seine Expertise reicht von der Politikberatung bis zu Stellungnahmen für Verbände und den Bundestag. Darüber hinaus war Achim Tiffe als Lehrkraft an der Universität Hamburg tätig und hält regelmäßig Vorträge zu Themen des Verbraucherrechts in Bezug zu Finanzdienstleistungen. Dabei kommt ihm seine Expertise an der Schnittstelle von Politikwissenschaften und Recht zugute.

Achim Tiffe ist Berater von Verbraucherverbänden, Mitherausgeber der Zeitschrift Verbraucher und Recht (VuR), Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) und organisiert im Hamburgischen Anwaltverein (HAV).

Im Schwerpunkt bearbeitet Achim Tiffe alle Angelegenheiten im Bankgeschäft, in der Anlageberatung, mit Versicherungen sowie im Erbrecht und im Immobilienrecht.

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